Jean Laurent war nicht nur Schüler von Carl Flesch, es verband beide auch eine innige Freundschaft. Einige Auszüge aus den Briefen, die Carl Flesch während des Krieges an Jean Laurent schrieb, seien hier angefügt. Flesch schrieb anfangs aus Holland (Den Haag) und zuletzt aus der Schweiz (Luzern), wo er von April 1943 an Zuflucht gefunden hatte. Die Briefe wurden im besetzten Belgien zensiert. In der Hoffnung auf eine schnellere Beförderung schrieb Flesch deshalb zuweilen in Deutsch.
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Carl Flesch, England 1938 |
Den Haag, den 19.11.40 Liebe Freunde, ... Ich erwarte einen detaillierten Brief von Jean über den Wettbewerb und über seine eigenen Eindrücke über sein Spiel. Was ist eigentlich aus der musikalischen Stiftung der Königin Elisabeth geworden? Also hoffentlich auf baldiges Wiederlesen und herzliche Grüsse von Haus zu Haus. Ihr Flesch Den Haag, den 31.1.41 Mein lieber Jean, ich habe bis heute gewartet, auf Ihren Brief vom 20. Dezember zu antworten, in der Hoffnung, Ihnen entscheidende Neuigkeiten zu meinen Amerikaplänen mitteilen zu können. Alles, was Sie mir in Ihrem Brief über den Wettbewerb und Ihre Zukunftspläne mitgeteilt haben, hat mich außerordentlich interessiert. Was mir besonders gefallen hat, war, so wie Sie mir gesagt haben, dass der Waggon ganz von alleine weitergerollt ist, nachdem er in Gang gesetzt wurde, oder, um es einfacher zu sagen, dass Ihre künstlerische Entwicklung sich automatisch weiter führte, worüber ich im Übrigen nie Zweifel hatte ... Mit einem festen Händedruck für Sie beide Ihr Flesch Den Haag, den 23.12.41 Lieber Jean, endlich habe ich ein Lebenszeichen von Ihnen empfangen und ich will Ihnen gleich sagen, dass ich mich sehr darüber gefreut habe, dass Sie anscheinend so schön und glatt in den „Kunstbetrieb“ hineingekommen sind. Sie schreiben, dass Sie so viel im Radio spielen. Trotzdem es hier erlaubt ist, das Belgische Radio zu hören, so ist dies praktisch doch schwer ausführbar, da keine Programme publiziert werden. Wenn Sie beizeiten mitteilen, wann Sie spielen und auf welcher Welle die Übertragung geschieht, so würde ich die Gelegenheit mit Freude ergreifen, Sie wieder zu hören und mich persönlich von Ihrer Entwicklung zu überzeugen. Aber nach meiner Erfahrung brauchen die Briefe aus Brüssel nach Holland ungefähr drei Wochen. Es wäre jedoch möglich, dass der Briefverkehr rascher geht, wenn die Briefe in deutscher Sprache abgefasst sind ... Ihr Flesch Den Haag, den 25.1.42 Lieber Jean, also Freitag habe ich Sie im Radio gehört und ich beeile mich, Ihnen darüber zu berichten. Also, vor allem muß ich Ihnen sagen, dass der Eindruck im Allgemeinen ein besonders günstiger war. Ton, Vortrag, Intonation waren ausgezeichnet. Ich gratuliere Ihnen zu Ihrem Pianisten [Eugène Traey]. Er ist sowohl pianistisch als auch musikalisch erstklassig. Die Geige klang ausgezeichnet. (Ist das Ihre Gagliano gewesen?). Die Übertragung war perfekt. Nach all diesen Komplimenten, die durchaus wohlverdient sind, will ich nun ein wenig den „Beckmesser“ spielen und „kritisieren“. Etwas mehr Expansivität bitte! Es schadet gar nicht, wenn Sie mal über die Schnur hauen. Erinnern Sie sich daran, was sich Ysaye alles erlaubt hat ... Ihr Flesch Zeugnis von Carl Flesch, 10.3.1940 Ich bestätige, dass Herr Jean Laurent mit mir einen Teil des Jahres seit etwa 1937 zusammen gearbeitet hat. Herr Laurent ist nicht nur ein hervorragender Geiger, sondern besitzt eine besondere Begabung für die Kunst des Unterrichtens. Er hat sich dafür immer besonders interessiert und hat auch einen meiner pädagogischen Kurse in England besucht. Ich glaube, dass er in Zukunft einen wohltuenden Einfluss auf die belgische Geigenschule haben wird. Carl Flesch |
An meinen lieben Schüler und Freund Jean Laurent in Erinnerung an Carl Flesch, London, den 1. 4. 1939
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Postkarte vom 23.2.1942
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Zeugnis von Carl Flesch,
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Das Duo Eugène Traey, Klavier, und Jean Laurent, Violine, 1941 |
Luzern, Hotel Wilden Mann, 8.2.44 Mein lieber Jean, Wenn ich das Datum Ihres letzten Briefes sehe (5. September) habe ich ein wenig „schlechtes Gewissen“, dass ich Sie so lange Zeit habe warten lassen, bevor ich auf Ihren herzlichen und interessanten Brief antworte ... Luzern ist eine charmante Stadt, wenn auch ein wenig provinziell, zumindest im Winter, denn während des Sommers gibt es hier ein sehr intensives musikalisches Leben. Meine Erfolge als Solist waren wirklich sensationell. Wir haben gute Neuigkeiten von unserem Sohn erhalten, und unsere Tochter ist mit ihrer Familie ganz nah bei uns! Was kann man sonst noch in einem Zeitalter erwarten, in dem die große Mehrheit der Menschheit in den verschiedensten Nöten steckt? Ebenso können Sie sicher sein, dass unser sehnlichster Wunsch ist, dass die Menschheit einen Weg findet, der es ihr erlaubt, das Leben zu genießen und die dringendsten Bedürfnisse zu befriedigen, die sie hat. Hoffen wir, dass diese Zeit nicht allzu fern ist, in der sich unsere Wünsche erfüllen werden. Wir waren wirklich glücklich, in Ihrem Brief zu erfahren, dass Sie gerade eine steile Karriere durchlaufen und ich bin sehr ungeduldig, mich von Ihrer künstlerischen Entwicklung persönlich zu überzeugen. Wie sind Sie mit Ihrer neuen Anstellung als Professor zufrieden? ... Ihr sehr ergebener |
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Brief des Dirigenten Franz André, 1942 Samstagabend Mein lieber Laurent, ich denke, es ist meine Pflicht, Sie auf den guten Eindruck hinzuweisen, den Sie heute nachmittag auf mich mit dem Poème von Chausson und mit Bach gemacht haben. Haben Sie Vertrauen, mein Lieber, ich glaube, dass Sie alles haben, was man für eine sehr steile Karriere benötigt. Aber bitte sagen Sie sich von der Bescheidenheit los, oder seien Sie ganz einfach eingebildet, das ist der beste Rat, den ich Ihnen geben kann… Franz André |
Brief von Georges Heynberg vom 24.11.1950 |
Brief von Georges Heynberg, Geigenbauer. Bei einem Konzert in Den Haag hatte Jean Laurent eine moderne Violine von Georges Heynberg gespielt. Lüttich, 24.11.1950 Lieber Herr Laurent, gerne habe ich Ihren liebenswerten Brief erhalten, der mich über Ihre Entscheidung informiert, meine Violine als neues Adoptivkind anzunehmen. Aus ganzem Herzen danke ich Ihnen für die außerordentliche Freude und die große Ermutigung, die Sie mir damit geben. Ich muss Ihnen zudem mitteilen, wie außerordentlich erfreut und zufrieden ich bin, festzustellen, dass meine Arbeit von einem Künstler so großen Talents geschätzt wird, der es gewagt hat, sich gegen den allzu verbreiteten Mythos zu stellen, der um den Unterschied zwischen alten und modernen Instrumenten gemacht wird. Ich habe mich sehr amüsiert über Ihre Mitteilung,
dass Ihre Zuhörer in Den Haag eine Sitzgelegenheit suchten, um sich
von ihrem Erstaunen zu »erholen«! Um so besser! ... Freundlichst Ihr |
Karl Richter an Jean Laurent nach einem Bach- |
Brief des Komponisten Raymond Chevreuille Woluwé St. Pierre, 15.12.1955 Sehr geehrter Herr Laurent, mit großem Vergnügen habe ich der sehr guten Interpretation meiner Sonate zugehört, die Sie, zusammen mit E. Traey, diesen Donnerstag in Hilversum gespielt haben. Ich muss Ihnen beiden mein Kompliment und meinen allergrößten Dank für diese sehr schöne Aufführung aussprechen ...
Brief des Komponisten Henk Badings, 21. Mai 1958 Nach der Uraufführung seines Violinkonzerts am 16.5.1958 im Belgischen Rundfunk: ...Wat was het een prachtige uitvoering, die Jean van myn 3e concert heeft gegeven! Ik was er verrukt van, en dat werd nog meer bij het afluisteren en herbeluisteren van de opname, die ik er van maakte ... ... Was war das für eine prachtvolle Aufführung, die Jean von meinem 3. Konzert gegeben hat! Ich war begeistert davon, und das wird noch mehr beim Abhören und Wiederanhören der Aufnahme, die ich davon machte ... |